13.11.2019
ID: 2072

Eine echte Lösung für die Industrie 4.0

Festo und SAP entwickeln Lernplattform

Wie wird der Fertigungsprozess der Zukunft aussehen und welche Merkmale kennzeichnen ihn? Festo Didactic und SAP haben die Open Integrated Factory ins Leben gerufen und zeigen damit, wie eine Werkhalle und ein MES im Zeitalter von Industrie 4.0 erfolgreich verknüpft werden können. Die Werkstücke in der CP Factory von Festo Didactic geben der Maschine die Verarbeitung sozusagen vor.

 

 

Heute werden zunehmend Produkte nachgefragt, die den Kundenerwartungen bis ins kleinste Detail entsprechen. Gleichzeitig sehen sich die Unternehmen einem wachsenden Preisdruck ausgesetzt. Zur Anpassung an diese neuen Bedingungen müssen die Bereiche Systemtechnik, Produktionsinformatik und Geschäftssysteme enger miteinander verschmelzen und neue Produktionsmittel schaffen.

 

„Die Werkstücke wissen, was sie sind“

Die Open Integrated Factory im Expérience Business Center von SAP in Paris führt das Zusammenwachsen von Fertigung und IT auf eindrucksvolle Weise vor. Das Besondere an der nur 8,60 m langen intelligenten Montagelinie sind die Werkstücke: Diese geben der Maschine die Art der Bearbeitung vor. Damit können nicht nur zwei völlig verschiedene Produkte gefertigt werden (eine Fernbedienung oder Bauteile für intelligente Messgeräte): Eines der beiden kann sogar in bis zu 16 Varianten produziert werden. Die Produktentwicklung und das Co-Innovation Lab von SAP entwickelten dieses Szenario als Teil eines gemeinsamen Innovationsprojekts, für das Festo Didactic die Systemtechnik lieferte. Dieses Beispiel zeigt, dass diese Fertigungsstraße mit SAP-Software betrieben werden kann.

 

Die Werkstücke enthalten Informationen in Form von Fertigungsparametern. „Die Werkstücke wissen, was sie sind, und sie können über RFID mit der Anlage kommunizieren. Nach Einlauf in ihre Station geben sie an, welches Teil und welche Version sie sind und fordern entsprechende Bearbeitung an", erklärt der Leiter des Expérience Business Center von SAP, Fréderic Puche. Durch die Verwendung festgelegter Standards können auf der gleichen Fertigungsstraße Produktvarianten in beliebiger Reihenfolge und Menge produziert werden. Damit rückt auch Losgröße 1, die Fertigung eines Einzelproduktes exakt nach Kundenvorgaben, in den Bereich des Möglichen.

 

CP Factory als innovative Werkhalle

Als Basis für die Open Integrated Factory dient die CP Factory. Die Lern- und Forschungsplattform Cyber-Physical Factory wird von Industrieunternehmen und Bildungseinrichtungen zur Vermittlung einer großen Bandbreite an Technologien genutzt: von der Anlagenvernetzung über die Programmierung von SPS, Fahrwerkstechnologie, Sensorsysteme, Sicherheitstechnologie, Robotik und Montage bis hin zur Analyse und Optimierung der Wertschöpfungskette. „Für Forschung und Lehre im Bereich Industrie 4.0 kann die Anlage mit allen offenen Systemen und Kommunikationsstandards wie OPC-UA arbeiten", erklärt Simon Colas, Leiter für Didaktik und Bildung bei Festo Frankreich.

 

Die CP Factory besteht aus einzelnen Zellen, die entsprechend den verschiedenen Situationen in der Fertigung zusammengestellt und mit IT-Systemen verbunden werden können. Die Zellen können innerhalb weniger Minuten umgruppiert werden, sodass neue Anordnungen entstehen. Dank des patentierten Systems zur passiven Führung des Werkstückhalters kann jede Zelle einzeln bedient werden, sodass in kurzer Zeit eine funktionsfähige Fertigungslinie aufgebaut werden kann.

 

Schneller, kostengünstiger, effektiver

Die Montagelinie der CP Factory von Festo Didactic besteht aus folgenden Arbeitsstationen: Initialisierung, Teilemagazin, Ofen, Bohrmaschine, Montageroboter, Qualtity Gate-Kamera, Nachbearbeitung und Verpackung. Mit Ausnahme der letzten beiden Stationen sind alle Module voll automatisiert.

 

Die Arbeitsstationen fragen am SAP MES die Parameter ab. Das SAP MES liefert die Daten wie Werkstoff- und Auftragsnummer sowie eine eindeutige Variantenkennzahl für das nachfolgende Produkt. Diese Daten werden dauerhaft auf dem RFID-Chip des Werkstückträgers gespeichert und von diesem Moment an „weiß“ das Werkstück, was es ist. Anhand dieses eindeutigen Tags wird das Werkstück an jeder Arbeitsstation erkannt und aufgrund der permanenten Kommunikation ist eine korrekte Weiterleitung gewährleistet. Bei Erkennung eines Bearbeitungsfehlers durch die Quality Gate-Kamera wird das Werkstück zur Nachbearbeitung weitergeleitet. Hier kann das Werkspersonal per Touchscreen Daten an das SAP MES übermitteln oder das Werkstück komplett aus der Fertigungsstraße nehmen.

 

Flexibilität zum Quadrat

Die Steuerungen in den Zellen der CP Factory sind modular aufgebaut. Alle Steuerungskomponenten sind in den Zellschaltschränken untergebracht: Steuerungen mit Profibus oder Profinet-Vernetzung, Profisafe-Komponenten und Antriebskomponenten, wie Frequenzumrichter, Schützsteuerungen oder Servicecontroller. Die Fertigungsstraße kann mit und ohne Leitsystem betrieben werden.

 

Die hohe Flexibilität einer CP Factory beruht auf dem immer gleichen Grundaufbau ihrer Zellen: Abmessungen, Laufrollen, Schaltschrank, Transportband, Bedienpult, Systemkabel. Eine einzige Zelle verfügt bereits zwei Förderstrecken und kann damit als Basis für ein vollständiges Teilsystem dienen. Die Fertigungszelle mit Abzweigmodul ebnet den Weg für neue Anordnungen: sie kann auch als eigenständiges System dienen und mit allen Funktionsblöcken bestückt werden. Die Roboterzellen verfügen über die gesamte für die Ausbildung an Industrierobotern notwendige Ausstattung. Komplett umhaust mit Sicherheitstüren ermöglichen sie ein gefahrloses Arbeiten. Trendthemen wie kameraunterstützte Montage, Einsatz von Wechselgreifersystemen, Palettierung, Kameratracking u.v.m. lassen sich mit einer Roboterzelle praxisnah erarbeiten. Die Zellen können praktisch ohne jede Einschränkung zusammengestellt und angeordnet werden.

 

Nahtlose Integration durch modernste Technologie

Die CP Factory kombiniert wegweisende Systemtechnik mit der cloudbasierten Auftragsverwaltung und Fertigungssteuerung von SAP. Die Auftragsverwaltung erfolgt über SAP ERP, die Fertigungssteuerung und ERP-Integration laufen über SAP ME und SAP Manufacturing Integration and Intelligence (SAP MII). Die Anlage wird über SAP Plant Connectivity gesteuert. Als Kommunikationsprotokoll dient OPC-UA.

 

Durch die nahtlose vertikale Integration dieser Systeme werden für die Fertigungsstraße keinerlei Überwachungsinstrumente benötigt. Gleichzeitig gewährleisten sie hohe Flexibilität hinsichtlich Auftragsänderungen, Kombinationen verschiedener Varianten und Modifikationen am Prozess. Die Open Integrated Factory belegt, dass SAP Manufacturing Execution einen komplett integrierten, vollständigen Datenstrom von Bestelleingang in SAP ERP bis hin zur Übertragung der Parameter in der Anlagensteuerung ermöglicht. Der gesamte bidirektionale Datenaustausch zwischen Anlagensteuerung und SAP ME erfolgt innerhalb von Millisekunden.

 

Die Möglichkeit zur Fertigung kleiner, hochspezieller Lose zum gleichen Preis wie große Chargen, einst nur ein Traum der produzierenden Industrie, liegt jetzt in Reichweite. Mit der Open Integrated Factory eröffnen Festo und SAP der Industrie 4.0 neue Welten.

 

 

Video SAP

https://www.youtube.com/watch?v=Zq88px3hcNY&t=11s

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